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Kirschgebäck auf TellerÜber Private-Equitys mit Heiligenschein und über Olgalogie, die Wissenschaft von den Zusammenhängen zwischen Ökonomie und Kommunikationspsychologie.

Bei Tante Olgas Kaffeekränzchen Teil 1 war eine Dame zu Gast, die in den Medienberichten vergangener Monate gerne als Heuschrecke bezeichnet wurde: Miss Equity.
Glaubt man einem Gerücht, das ich neulich im SPIEGEL Nr. 36/2007 aufschnappte, dann hat Miss Equity eine brave Zwillingsschwester. Zitat: „Jetzt sind die Stars der Private-Equity-Szene dran. Jahrelang galten sie als Wunderkinder der Finanzindustrie, als begnadete Sanierer, die unterbewertete Unternehmen aufkauften, von der Börse nahmen, sanierten und später zu Traumrenditen wiederverkauften. Großanleger pumpten immer mehr eigenes Geld und Banken immer mehr Kredite in die Kassen der wundersamen Geldvermehrer.“

Gibt es diese brave Zwillingsschwester von Miss Equity wirklich? Mal sehen, vielleicht ist sie ja heute beim Kaffeekränzchen von Tante Olga zu Gast. Ich nenne sie einmal Miss Honest Equity, um sie von ihrer Schwester, Miss Evil Equitiy, zu unterscheiden. Honest Equity hat ein genauso schwaches Selbstwertgefühl wie ihre böse Zwillingsschwester. Denn ihr Selbstwertgefühl (= Kapital) entspringt nur zu etwa einem Drittel ihrem eigenen Potential. Bis zu zwei Drittel ihres Selbstwertes holt sie sich durch den Zuspruch ihrer Mitmenschen (Zuspruch = Geld = Aufwertung).

Da Honest Equity ein braves, und wie der SPIEGEL schreibt, auch ein sehr cleveres Mädchen ist, müsste sie auf dem Kaffeekränzchen von Tante Olga als zwar selbstwertschwache, aber intelligente und eloquente Dame auffallen. Ich stelle mir das Szenario folgendermaßen vor:

Honest Equity sitzt zunächst etwas schweigsam und verschüchtert am großen Kaffeetisch, während die anderen Dame des Kaffeekränzchens munter drauf los plappern. Ihr schwacher Selbstwert hindert sie daran, sich ungezwungen mit den anderen auszutauschen. Vom Verbalesischen ins Monetärische übersetzt würde man sagen, das zu geringe Eigenkapital hindert sie daran, am Geschäftsleben teilzunehmen (Austausch = Handel; Selbstwert = Eigenkapital). Doch Gott sei Dank gibt es am Kaffeetisch eine Dame, die das Potential von Honest Equity erkennt. Frau Spendabel. Ihre gute Menschenkenntnis sagte ihr gleich, dass Honest Equity mehr auf dem Kasten hat, als ihr schwacher Selbstwert vermuten lässt. Und sie sagte ihr auch, dass sie von den in Honest Equity schlummernden Fähigkeiten profitieren könnte. Deshalb tut Frau Spendabel folgendes: Sie gibt Honest Equity eine Starthilfe in Form aufmunternder, aufbauender Worte (= Finanzspritze). Dies könnte sich in etwa folgendermaßen anhören:

Frau Spendabel, sich räuspernd:
„Verzeihung, Miss Equity, aber dürfte ich Sie vielleicht fragen, wo Sie diese hinreißende Bluse gekauft haben?“

Honest Equity, stolz:
„Im Sommerschlussverkauf bei C & A!“

Frau Spendabel, lobt:
„Mein Kompliment, die steht Ihnen wirklich ausgezeichnet!“

Honest Equity, verlegen lächelnd:
„Finden Sie?“

Frau Spendabel, mit Nachdruck:
„Absolut! … Sie mit Ihrer Idealfigur sind ja geradezu prädestiniert für diese Art von ... etc. etc.“

Diese und nachfolgende Komplimente stärken das Selbstwertgefühl (= Kapital) von Honest Equity, was sie nun unbefangener werden lässt und befähigt, am Kaffeeklatsch (= Geschäftsleben) teilzunehmen.

Honest Equity schräg gegenüber sitzt eine Dame (= ein Unternehmen), die von den anderen Klatschtanten nicht besonders beachtet wird, da sie ihr Potential falsch einschätzen. Nennen wir die Dame einmal Frau Verkannt. Ihr Selbstwertgefühl (= Kapital) ist einigermaßen okay, doch wenn sie noch weiterhin als Gesprächspartnerin (= Geschäftspartnerin) gemieden wird, könnte es einen ernstlichen Knacks erleiden. Honest Equity nimmt sich dieser Dame an und beginnt ein Gespräch mit ihr (= kommt mit ihr ins Geschäft).

Würden Honest Equity und Frau Verkannt sich einfach nur unterhalten, dann entspräche dies dem Tausch von Geld gegen Waren bzw. Dienstleistungen. Ins Verbalesische zurückübersetzt: dem Tausch von Worten gegen geistige Inhalte.

Doch Honest Equity geht es um mehr. Sie möchte sich Frau Verkannt komplett kaufen und gewinnbringend wieder verkaufen. Wenn jemand sagt, „wart, den kauf ich mir“, dann hat das meist einen aggressiven Beigeschmack. Doch dies muss nicht zwangsläufig so sein. Jemanden zu kaufen bedeutet (von Monetärisch ins Verbalesische übersetzt), jemanden völlig für sich vereinnahmen. Dies heißt im Klartext: Honest Equity schafft es, mit ihren Worten (= Geld) Frau Verkannt so für sich einzunehmen (= erwerben), dass diese ihr innerhalb der folgenden Stunde ihr ganzes Innenleben anvertraut bzw. sich völlig preisgibt (= verkauft). Doch wenn ich etwas kaufe, dann gehört es mir und ich kann damit machen, was ich will. Die Frage ist nun: Wie geht Honest Equity mit dieser Machtposition um?

Sie könnte ja jetzt alle intimen Geheimnisse und Privatangelegenheiten, die ihr Frau Verkannt anvertraute, nutzten, um mittels Intrigen und Erpressungen den größtmöglichen Vorteil daraus zu ziehen. Im SPIEGEL-Artikel ist jedoch vom Sanieren und Verkaufen die Rede. Sanieren heißt „gesund machen bzw. heilen“. Honest Equity nimmt also Frau Verkannt in ihre Obhut (= aufkaufen bzw. schlucken) und sorgt dafür, dass diese hinterher besser in die Gruppe (= Markt) integriert wird und so stärker am Kaffeeklatsch (= Handel) teilnehmen kann. Sobald Honest Equity merkt, dass Frau Verkannt wieder wertgeschätzt wird (= hohe Bewertung), kann sie sie wieder ganz aus ihrer Obhut entlassen (= verkaufen) und der Gruppe (= Markt) zurückgeben. Anders ausgedrückt:

Miss Equity baut Frau Verkannt auf (= Erhöhung des Wertes) und vermittelt (= verkauft) sie den anderen Klatschtanten als interessante und attraktive Gesprächspartnerin (= potentes Handelsunternehmen).

Und was hat Honest Equity davon? Ganz einfach: Da die Gruppe Frau Verkannt nur dann akzeptiert, wenn sie für sie eine Bereicherung darstellt, kann man davon ausgehen, dass Honest Equity für diese Bereicherung ihrerseits eine hohe Anerkennung (= Bezahlung) bekommt. Die Erhöhung ihres Selbstwertes, die sie dem Zuspruch von Frau Spendabel verdankte (= Finanzspritze), hat sie genutzt, um ein unterbewertetes Mitglied des Kaffeekränzchens (= unterbewertetes Unternehmen) im Selbstwert aufzubauen (= Sanieren) und wieder in die Gruppe einzugliedern (= als potentes Unternehmen zu verkaufen). Und die Gruppe freut sich, weil jetzt die Gesprächsrunde mit neuen, interessanten Themen belebt wird (= neue Produkte, neue Dienstleistungen, neue Geschäftskontakte, etc.). Dafür lassen sie Honest Equity eine hohe Wertschätzung in Form vieler wohlwollender Worte zukommen (= Bezahlung).

Und wem verdanken sie das alles? Der Großzügigkeit, der weisen Voraussicht, dem Kennerblick und dem guten Urteilsvermögen von Frau Spendabel (= Bank).

Tja, so könnte es aussehen, das für alle gewinnbringende Tauschgeschäft beim Kaffeekränzchen. Doch wie man den erwähnten SPIEGEL-Artikeln entnimmt, sieht es derzeit völlig anders aus. Da hat Frau Spendabel weder Kennerblick noch Urteilsvermögen oder gar weise Voraussicht bewiesen, sondern das krasse Gegenteil. Und Honest Equity scheint den gleichen Seltenheitswert zu haben, wie die blaue Mauritius.

Vielleicht wäre es an der Zeit, einen neuen Studiengang einzuführen: OLGALOGIE, die Wissenschaft von den Zusammenhängen zwischen Ökonomie und Kommunikationspsychologie. Dann könnten die Kommunikationspsychologen den etwas unfähigen Finanzexperten auf die Sprünge helfen. Am besten aber, die beiden verschmelzen gleich zu einer Spezies, den Olgalogen. So ein Olgaloge wäre dann quasi ein Mischwesen aus Max Otte und Friedemann Schulz von Thun. Also ein Friedemax von Thun-Otteschulz. Den könnte man dann fragen:

Bald-Zeitung:
Herr von Thun-Otteschulz, Herr Haasis sagt in einem Interview im SPIEGEL Nr. 36: „Die Sachsen LB ist ja nicht Pleite. Die Schwierigkeiten sind erst aufgetreten, als wegen der Hypothekenkrise in den USA eine Kreditklemme entstand und eine Bank der anderen nicht mehr über den Weg getraut, geschweige denn Geld geliehen hat.“ Was sagen Sie als Olgaloge dazu?

v. Thun-Otteschulz:
Ich sage, die Schwierigkeiten und die Kreditklemme waren lange vorher absehbar. Denn wenn in einer Gruppe bislang miteinander vertrauter Personen plötzlich eisiges Schweigen eintritt und keiner mehr dem anderen etwas anvertrauen will, wenn also keiner mehr mit dem anderen sprechen will und jeder jedes Wort auf die Goldwaage legt, dann hat das Ursachen, die nicht plötzlich vom Himmel fallen. Jedem guten Kommunikationspsychologen würde das hohe Konflikt- bzw. Krisenpotential dieser Gruppe auffallen, würde die lauernden Gefahren erkennen und könnte entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen.

Bald-Zeitung:
Der SPIEGEL schreibt in seiner Ausgabe 36/2007: „Die guten Zeiten für Private Equity seien aber nicht vorbei, macht sich BC-Partner-Manager Zuschke Mut, auch wenn die Renditen tendenziell zurückgingen. Künftig müssen er und seine Branchenkollegen mehr Eigenkapital ihrer Großanleger einschließen.“ Wie sehen Sie das?

v. Thun-Otteschulz:
Generell kann man sagen, dass ein Selbstwertdefizit immer Probleme verursacht. Deshalb sollte man bei Menschen, deren Selbstwertgefühl in starkem Maße leidet, rechtzeitig durch entsprechende Maßnahmen gegensteuern. Ich kann allerdings nicht ganz nachvollziehen, weshalb es sinnvoll sein sollte, vorsätzlich Kinder mit schwachem Selbstwert zu zeugen und auf diese Weise Miss Equitys zu gebären.

Bald-Zeitung:
Herr v. Thun-Otteschulz, in einem Interview im SPIEGEL Nr. 36 ist zu lesen: „Die Wahrheit ist, dass die größenwahnsinnigen Geschäfte mit Immobilienfonds bei der Landesbank angesiedelt waren – also im öffentlich-rechtlichen Teil der Bank.“ Was heißt das ins Verbalesische bzw. Kaffeekränzchen-Deutsche übersetzt?

v. Thun-Otteschulz:
Dinge, die man sich in einer privaten Atmosphäre sagt, zum Beispiel am heimischen Küchentisch, ziehen in der Regel nicht so weite Kreise. Man legt auch andere Maßstäbe an. Dagegen sollte das, was man öffentlich sagt, strengeren Kontrollen unterliegen. Die Art und Weise, wie Sie zu Hause mit Ihrem Intimpartner reden, wäre in einem Restaurant oder gar in einer TV-Sendung u.U. tabu. Doch wie es scheint, haben einige der Klatschtanten von Olgas Kaffeekränzchen dermaßen den Verstand, die Manieren und das rechte Augemaß verloren, dass sie in aller Öffentlichkeit Dinge austauschten, die für viele Beteiligte mehr als peinlich waren. Sie wissen ja, Pein = Schmerz - also schmerzlich! Dieses Verhalten zeigte sich übrigens auch in vielen TV-Sendungen der letzten 15 Jahre. Das Überschreiten von Tabus, das Zeigen von Peinlichkeiten auf einigen TV-Sendern war geradezu zwanghaft.

Bald-Zeitung:
Sehen Sie denn da einen Zusammenhang zwischen Geldmarkt und Massenmedien?

v. Thun-Otteschulz:
Massenmedien sind Massenkommunikationsmittel, und dass diese in direktem Zusammenhang stehen mit der Entwicklung des Geldmarktes liegt nicht nur an ihrem unmittelbaren Einfluss auf die Meinung der Massen.

Denn im gleichen Maße, wie in den letzten Jahrzehnten die Ausbreitung der Massenmedien inflationären Charakter annahm, im gleichen Maße wurde auch eine inflationäre Geldflut erzeugt. Und im gleichen Maße, wie das TV- und Radio-Programm im wahrsten Sinne „schwindelerregend“ wurde, im gleichen Maße verloren die Akteure auf den Finanzmärkten die Bodenhaftung.

Bald-Zeitung:
Was sollte man dagegen tun?

v. Thun-Otteschulz:
Abschalten! Einfach abschalten! … Nein, das ist natürlich etwas übertrieben. Aber auf jeden Fall wäre Entschleunigung angesagt, wie sie Fritz Reheis in seinem 2003 erschienen Buch ENTSCHLEUNIGUNG – ABSCHIED VOM TURBOKAPITALISMUS fordert. Ins Kaffeekränzchen-Deutsche übersetzt könnte man sagen, es wäre sinnvoll, den Redefluss zu drosseln und genau darauf zu achten, was man wem sagt. Oder wie es Dieter Nuhr bereits treffend formulierte:

Einfach mal die Klappe halten!

Die erwähnten Zitate wurden folgenden Artikeln und Interviews aus dem SPIEGEL Nr. 36/2007 entnommen:

HÄRTETEST FÜRS KARTENHAUS von Beat Balzli und Frank Hornig

LÄHMENDER HICKHACK von Konstantin von Hammerstein und Wolfgang Reuter