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Die griechische Tragödie, übersetzt von der Sprache der Ökonomie in die Sprache der Kommunikationspsychologie.

Seit Monaten erhitzt eine Frage die Gemüter:
Sollte man Alexis (= Griechenland) als Mitglied seiner Glaubensgemeinschaft (= Währungsunion) sterben lassen oder durch eine Bluttransfusion (= Geldtransfusion) am Leben erhalten. Um einer Antwort auf diese Frage auf die Schliche zu kommen, möchte ich die Situation unter olgalogischen Gesichtspunkten beleuchten.

Die Währung eines Landes entspricht, olgalogisch betrachtet, den Wertmaßstäben eines Menschen. So wie wir mit unseren Wertmaßstäben Gedachtes oder Gesagtes bewerten und mit dieser Bewertung den Austausch von Gedachtem und Gesagtem beeinflussen, so bewerten wir mit der Währung eines Landes die ausgetauschten Güter und Leistungen. Zur Veranschaulichung ein Beispiel:

Stellen wir uns eine Gruppe von Menschen vor (= EU), von denen zunächst jeder seine eigenen Wertmaßstäbe anlegt, um Gesagtes und Gedachtes zu beurteilen. In einer solchen Gruppe ergibt sich beim kommunikativen Austausch ein gewisser Aufwand, der dadurch entsteht, dass die unterschiedlichen Wertmaßstäbe mehr oder weniger hohe Hürden darstellen (= Wechselkurse), die erst überwunden werden müssen.
Nun entschließen sich einige dieser Gruppe dazu (= Euro-Länder), ihre persönlichen Wertmaßstäbe über Bord zu werfen, um gemeinsamen Wertmaßstäben zu folgen. Dieses Auswechseln der persönlichen Wertmaßstäbe gegen gemeinsame Wertmaßstäbe ist vergleichbar der Gründung einer Glaubensgemeinschaft, Sekte oder einer Partei, die bestimmten Idealen folgt. Auch in diesen Gemeinschaften herrschen bestimmte Regeln, auf die man sich geeinigt hat. Regeln darüber, was gedacht, kommuniziert und getan werden sollte. Und diese neuen gemeinsamen Regeln lösen die alten individuellen Regeln mehr oder weniger ab. Ich sage bewusst mehr oder weniger, denn: In welchem Maße ein Mitglied der Gruppe in der Lage ist, die neuen Wertmaßstäbe zu akzeptieren und zu verinnerlichen, hängt von Faktoren ab wie Disziplin, geistige und emotionale Beweglichkeit, Einsicht, Leistungsvermögen, etc.. Es liegt auf der Hand, dass es den einzelnen Mitgliedern um so leichter fällt, mit den neuen gemeinsamen Wertmaßstäben umzugehen, je mehr sie aus einem natürlichen Wachstumsprozess heraus entstanden sind sowie aus einem ernsthaften gemeinsamen Wollen und Können. Und es leuchtet auch ein, dass es den Mitgliedern der Gruppe um so schwerer fällt, die gemeinsamen Wertmaßstäbe in die Tat umzusetzen, je mehr sich diese als etwas Übergestülptes, als Zwang oder als Verlegenheitslösung erweisen. Man kennt dies aus der Praxis zur Genüge: Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach. Und so können Glaubensbekenntnisse nicht in (real greifbare) Taten umgemünzt werden, sondern bleiben lediglich Lippenbekenntnisse - während die tatsächlichen Taten ganz andere Realitäten zeitigen. Ob man nun eine Glaubensgemeinschaft betrachtet, eine Sekte oder eine politische Partei: die gemeinsamen Wertmaßstäbe bleiben Fassade, wenn man gemeinsamen Worten nicht gemeinsame Taten folgen lassen kann. Und unter Umständen zeigen Wertesysteme die Kehrseite ihrer Medaille, indem aus dem guten Wollen ein pervertiertes Tun erwächst. Beispiele hierfür finden sich in der Geschichte der christlichen Kirche ebenso wie in der Geschichte des Sozialismus und unzähliger anderer Glaubensgemeinschaften - von denen der Kapitalismus sicherlich nicht die freundlichste ist.

Doch zurück zur Glaubensgemeinschaft der Europäischen Währungsunion und ihrem Wertesystem namens Euro. Sie stecken in der Krise und das hat mit Verschuldung zu tun. Schulden entsprechen im olgalogischen Sinne der Schuld, die man auf sich geladen hat. Und in unserer Geschichte ist es die Schuld von Alexis Sterbas, um die sich momentan die Welt zu drehen scheint. Zwar gibt es in dieser Glaubensgemeinschaft noch andere Wackelkandidaten, doch Alexis bildet derzeit den Brennpunkt - oder Brandherd - des Geschehens. Wie man den einschlägigen Debatten entnehmen kann, war sein Beitritt zur Glaubensgemeinschaft - nennen wir sie einmal den Heiligen Orden der Europikaner - von Anfang an umstritten. Denn es gab von vielen Seiten Zweifel daran, dass Bruder Alexis die strengen Ordensregeln würde erfüllen können. Nun ist es offenbar: Er kann sie nicht erfüllen. Was heißt dies in olgalogischer Hinsicht?

Wenn ich gemeinsam mit anderen Individuen einen Orden gründe und mich im Austausch - sowohl mit Ordensbrüdern (Mitglieder der Eurozone) als auch mit ordensfremden Individuen (alle anderen Handelspartner) - von strengen Ordensregeln leiten lasse, aus denen wiederum der Orden sein Selbstverständnis und seine Existenzberechtigung nährt, dann bekomme ich ein u.U. großes Problem, wenn einer der Glaubensbrüder - oder mehrere - gravierend gegen die Ordensregeln verstoßen. Denn dies schadet sowohl der Glaubwürdigkeit als auch dem Ansehen des gesamten Ordens und damit auch der einzelnen Mitglieder. Glaubwürdigkeit und Ansehen - zwei Kriterien, die auch für das Geld eine gravierende Rolle spielen. Vor allem dann, wenn es - wie seit Aufhebung des Goldstandards - nur auf Versprechungen basiert. Wenn Glauben und Ansehen schwinden, löst sich der Wert des Bewerteten in Luft auf. So ist es jetzt beim Euro - dem Wertmaßstab des Heiligen Ordens der Europikaner. Und so ist es auch bei der Konfession (Glaubensbekenntnis), die sich als reines Lippenbekenntnis entpuppt, wenn wieder einmal ein neuer Fall sexuellen Missbrauchs aus dem Dunkel der jüngsten Kirchengeschichte ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird.

Was tun mit Bruder Alexis vom Heiligen Orden der Europikaner? So lautete die Frage, die am Anfang stand. Betschwester Angela plädierte dafür, dass Bruder Alexis im Orden bleiben, aber streng sanktioniert werden sollte. Andere wünschen eine spirituelle Transfusion, was so viel bedeutet wie: Sie möchten, dass der Orden Bruder Alexis - trotz seiner schweren Schuld (=Schulden), die er auf sich geladen hat und weiterhin auf sich lädt - besonders viel Zuwendung entgegenbringen, sprich - eine Selbstwertspritze verabreichen, was in wirtschaftlicher Hinsicht nichts anderes bedeutet als: eine Geldspritze verpassen bzw. Kredit gewähren. Man könnte auch von Vertrauensvorschüssen sprechen. Betschwester Angela, die etwas orientierungslose heimliche Äbtissin des Ordens, sollte mit gutem Beispiel vorangehen und die Schatzkammer ihrer Barmherzigkeit besonders weit öffnen. Ist das sinnvoll?

Im Spiegel Nr.39/2011 (Seite 59: Eine Bombenidee) wird die Wirtschaft Griechenlands Anfang der 90er Jahre mit der eines aufstrebenden Entwicklungslandes verglichen, das heißt: Bei Bruder Alexis handelt es sich um einen Kandidaten, der beim Eintritt in den Orden nicht das Potenzial besaß, den strengen Ordensregeln gerecht zu werden. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass Eigenschaften wie Selbstdisziplin, Genügsamkeit, Askese, Unbestechlichkeit und seelische Ausgewogenheit (Letzteres entspricht olgalogisch sozialer Gerechtigkeit) nicht eben zu den Stärken von Bruder Alexis zählen. Doch wenn man weiß, wie schwer sich Mentalitäten von Völkern sowie deren gewachsene Strukturen ändern lassen, wenn man weiß, dass sich ein Volk noch weniger erziehen lässt als ein störrischer alter Greis, dann ahnt man auch, dass die Zuwendungen für Bruder Alexis vielleicht gut gemeint sind, doch Bruder Alexis mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Fass ohne Boden (oder mit doppeltem Boden?). Ob er im Heiligen Orden der Europikaner gut aufgehoben ist und ob er dem Orden mit seiner Anwesenheit einen Dienst erweist, darf angezweifelt werden. Zumindest wenn man davon ausgeht, dass die Europikaner ursprünglich als stolzer Ritterorden gedacht waren, der sich eine strenge Ordensdisziplin (= hohe Preisniveaustabilität) auferlegt und sich auf die Fahne geschrieben hat, die Heiligen Weltmärkte zu erobern. Mit den spirituellen Werten unseres Europikaner-Ordens verhält es sich im Grunde genauso wie mit monetären Werten: Weicht man sie auf, sind sie bald nicht mehr das Papier wert, auf das sie gedruckt sind. Aus dem stolzen Ritterorden wird u.U. ein Bettelorden, der von Almosen leben muss.

Zur Erklärung: Die Regierung eines Landes entspricht im olgalogischen Sinne dem Kopf, dem Verstand, dem bewussten ICH WILL eines Menschen. Das Volk eines Landes entspricht im olgalogischen Sinne dem Körper, dem Gefühl, dem unbewussten ES WILL eines Menschen. So betrachtet haben wir es in Schwester Angela (= Deutschland) mit einer Person zu tun, bei der der Bauch nicht das möchte, was der Kopf will. Genauer: Auf die Frage, ob Bruder Alexis den Orden verlassen soll, sagen die Gefühle von Schwester Angela ja, doch ihr Verstand sagt nein. Wer am Ende gewinnt - Kopf oder Bauch, Regierung oder Volk, steht noch in den Sternen.
Doch ich möchte hier keinen Blick in die Sterne werfen, sondern unter olgalogischen Gesichtspunkten drei Szenarien betrachten, die für den Orden der Europikaner und Bruder Alexis zur Debatte stehen.

Szenario 1: Griechenland bleibt in der Eurozone (Bruder Alexis bleibt weiterhin im Orden)

Wenn man, wie oben beschrieben, davon ausgeht, dass Bruder Alexis für das Ordensleben ungeeignet ist, er aber weiterhin im Orden bleibt, dann kann man damit rechnen, dass daraus dauerhafte Probleme für die anderen Ordensbrüder und -schwestern entstehen. Stellen wir es uns bildlich vor:
Ein Ordensbruder, der eigentlich so sprechen, so arbeiten, so essen und so leben sollte wie es die strengen Ordensregeln vorschreiben, spricht, arbeitet, isst und lebt völlig anders. Er verrichtet seine Arbeit nicht oder unvollständig - andere Ordensmitglieder müssen es ausbaden. Er spricht im Kloster und außerhalb Dinge aus, die für den Orden tabu sind - der Imageschaden fällt auf den ganze Orden zurück. Er isst während der Fastenzeit, während anderen der Magen knurrt - die allgemeine Moral im Orden sinkt. Er tanzt mit den Mägden vom benachbarten Bauernhof Sirtaki und seine Brüder und Schwestern fragen sich, weshalb es eigentlich eine Ordensregel gibt. Fazit: So lange Bruder Alexis im Orden bleibt und sich nicht zum Besseren ändert, müssen alle anderen für ihn gerade stehen. Was nichts anderes heißt als: einen höheren Aufwand in Kauf nehmen.
Hat das einen Sinn? Wenn man sich vergegenwärtigt, dass man Erwachsene kaum erziehen kann und ein Volk noch weniger, dann hat es m.E. keinen Sinn. Doch von dieser Hoffnung oder Annahme scheinen Schwester Angela und ihre Mitbrüder und -schwestern auszugehen.

Szenario 2: Griechenland verlässt die Eurozone (Bruder Alexis verlässt den Orden)

Welche Auswirkungen hat es, wenn Bruder Alexis (= Griechenland) den Orden (= Eurozone) verlässt? Um sich ein Bild davon zu machen, stellen Sie sich einmal vor, Sie seien ein Mönche oder eine Nonne. Solange Sie im Orden bleiben, sind Sie auch an die Ordensregeln (= Euro) gebunden und werden von jedem, mit dem Sie sich verbal austauschen (= Handel treiben), nach diesen Regeln bewertet.
Das heißt: Zu den Problemen, die sich alleine schon aus Ihren kommunikativen und sozialen Unzulänglichkeiten und denen Ihres Gesprächspartners ergeben, kommen noch diejenigen hinzu, die durch das mehr oder weniger widerstrebende Einhalten der Ordensregeln entstehen. Sie haben also eine zusätzliche Belastung zu tragen.
Wenn Sie jedoch nicht die Kraft besitzen, diesen Regeln zu folgen, weil sie Ihrem Wesen und Ihren Fähigkeiten zuwiderlaufen, dann fällt Ihnen u.U. eine Last von den Schultern, wenn Sie den Orden (= Eurozone) verlassen und von den Ordensregeln (= Euro) entbunden werden. Denn dann wird Ihr verbaler Austausch (= Handel) nur noch bestimmt von Ihren persönlichen Regeln bzw. Wertmaßstäben (= Landeswährung) und denen Ihres Tauschpartners (= Handelspartner). Und: Ihre Worte (= Geld) werden nicht mehr so streng bewertet bzw. auf die Goldwaage gelegt wie vorher. Sie sind also relativ frei darin, Ihre Werte und Worte der jeweiligen Gesprächssituation (= Marktsituation) anzupassen.
Dieses Szenario 2 hört sich eigentlich wesentlich weniger Kraft raubend an, als Szenario 1, bei dem Bruder Alexis weiterhin im Orden bleibt. Deshalb frage ich mich, weshalb ein Austritt so dramatisiert wird. Was veranlasst einige Ordensmitglieder in einem Ordensaustritt von Bruder Alexis ein größeres Problem zu sehen, als in einem Nichtaustritt?
Es ist von hohen Kosten für Griechenland die Rede.
Es ist vom Ruin griechischer Banken die Rede.
Es ist von hohen Auslandsschulden Griechenlands die Rede.
Übersetze ich diese und andere Bedenken vom Monetärischen ins Verbalesische, fällt mir dennoch kein Szenario ein, dass es rechtfertigen könnte, Bruder Alexis länger im Orden zu dulden. Selbst wenn man die Wahl hat zwischen Pest und Cholera, entscheidet man sich für eine Alternative, sofern man die Entscheidungsgewalt nicht aus der Hand geben will. Doch hier scheint es nicht um die Wahl zwischen Pest und Cholera zu gehen, sondern eher zwischen einer langen quälenden Zwangsehe und einem schmerzhaften, doch vergleichsweise kurzen Abschied.
Und Bankenruin? Na und? Das moderne Bankensystem entspricht in der Olgalogie dem Glauben (siehe Szenario 3). Und der ist immer bedroht, wenn irgendwann die Realität an die Tür klopft - was sie früher oder später sowieso tut.

Szenario 3: Banken werden finanziell gestützt (Der Glaube wird gestärkt)

Um diesem Szenario auf den Grund zu gehen, müssen wir uns erst darüber klar werden, was Banken im olgalogischen Sinne und ihrem ursprünglichen Wesen nach sind. Was tut eine Bank traditionell?
Sie bewahrt materielle Werte auf. Also ist sie ein Wertespeicher. Und sie gibt auf Abruf materielle Werte aus. Entweder als Guthaben oder als Kredit.
Da jedoch die Olgalogie Materielles in Geistiges übersetzt, ist die traditionelle Bank im olgalogischen Sinne ein Speicher und Herausgeber für geistige Werte und Informationen. Sie verwaltet sozusagen den geistigen Besitz eines Menschen. Folglich könnte man sagen: traditionelle Banken sind vergleichbar dem Erinnerungsvermögen bzw. dem Verwalter des geistigen Besitzes.
Da wir in unserem Ausgangsbeispiel die Nationen der Eurozone mit Ordensbrüdern und -schwestern verglichen haben, entsprechen die traditionellen Banken dem Erinnerungsvermögen bzw. dem inneren Verwalter des geistigen Besitzes der Ordensmitglieder.
Doch mit dem traditionellen Bankgeschäft hat die moderne Bank nicht viel am Hut. Hier geht es nicht nur um Verwaltung, sondern um kreative Geldvermehrung durch Spekulation. Kreativität und Spekulation - sie gedeihen besonders gut im Garten der Phantasie. Und verbindet man beide mit dem Erinnerungsvermögen entsteht daraus: der Glaube. Amen.
Wenn sich also die Regierung der BRD dafür ausspricht, die Banken zu stützen, dann ist das so, wie wenn Schwester Angela dafür plädieren würde, den Glauben der Ordensbrüder und -schwestern aufrechtzuerhalten und zu festigen. Welchen Sinn könnte dies haben?
Dies leuchtet ein, wenn man sich bewusst macht, was mit dem geistigen Besitz bzw. Erinnerungsvermögen im olgalogischen Sinne gespeichert wird. Es sind geistig-emotionale Forderungen und Verbindlichkeiten, es sind Versprechungen. Genau genommen ist unser Geld auch nichts anderes als ein Versprechen. Ein Versprechen, gegen das Stück Papier oder die Zahl im Computer etwas Wertvolles zu bekommen.
Es geht Schwester Angela also darum, das komplizierte Geflecht aus gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten aufrechtzuerhalten - sowohl zwischen den Ordensmitgliedern als auch zwischen dem Orden und dem Rest der Welt. Es geht darum, was sie (und ihre Brüder und Schwestern) sich von ihren Transaktionen und Beziehungen versprochen hat (haben).
Das Aufrechterhaltenwollen eines sozialen Gefüges (Systems) ist omnipräsent in unserer Gesellschaft. Und manchmal ist es sinnvoll. Häufig aber auch nur das hartnäckige Sträuben gegen den unerbittlichen Wandel der Dinge. Zum Beispiel gegen das Ende einer Beziehung, gegen das Altern, gegen den Statusverlust, gegen das Neue, gegen den Tod.
Laut Schwester Angela ist die Aufrechterhaltung des Glaubens systemrelevant.
Doch was heißt hier systemrelevant? Für welches System relevant?
Natürlich für das derzeit bestehende.
Dieses muss aber nicht zwangsläufig auch ein erhaltenswertes sein.
Schauen wir uns das System einmal näher an:
Zu diesem Zweck stelle ich einfach einmal zwei Behauptungen in den Raum, die ich anschließend übersetzen möchte von Monetärisch (die Sprache des Geldes) in Verbalesisch (die Sprache der Sprache).

Behauptungen:
Banker tendieren stark dazu, ihre eigenen Forderungen zu vermehren, indem sie die Schulden ihrer Kunden vergrößern. Banker tendieren stark dazu, Gewinne aus spekulativen Geschäften zu erzielen.

Ins Verbalesische übersetzt:
Gläubige tendieren stark dazu, die eigenen Forderungen zu vermehren, indem sie die Schuld der Schuldigen vergrößern. Gläubige tendieren stark dazu, durch spekulatives Verhalten und Kommunizieren den eigenen Nutzen zu vergrößern.

Die beiden letzten Sätze beschreiben sehr gut die Tendenz zu Glaubenskriegen, welche auch heute wieder besonders aktuell sind. Vom olgalogischen Standpunkt aus betrachtet sind moderne Banker und religiöse Fanatiker zweieiige Zwillinge. Doch Glaube ist ein weit gefasster Begriff. Er meint hier nicht nur den religiösen Glauben, sondern den Glauben an sich. Also auch den politischen Glauben - bis hin zur Ideologie, den Glauben an unumstößliche Wahrheiten der Wissenschaft, den Glauben an einen anderen Menschen, den Glauben an sich selbst, den Glauben an den Weihnachtsmann.

Übrigens: Fügen Sie an das Wort Gläubige (s.o.) ein R an, erhalten Sie den Gläubiger. Auch Gläubiger tendieren stark dazu, ihre eigenen Forderungen zu vermehren, indem sie die Schulden der Schuldner vergrößern. Auch Gläubiger tendieren stark dazu, Gewinne aus spekulativen Geschäften zu erzielen. Durch Anfügen des Buchstaben R wird aus dem religiösen Akt ein wirtschaftlicher.

Wo liegt das Problem?
So wie das Erinnerungsvermögen ein nützliches Instrument ist, Informationen zu speichern und zu verwalten, so ist die traditionelle Bank nützlich, Geld zu speichern und zu verwalten.
So wie die Kreativität und die Phantasie nützlich sind, neue Informationen zu schaffen und Wissen zu mehren, so ist das moderne Bankensystem nützlich, neues Geld zu schaffen.
Doch wenn die Phantasie überhand nimmt und aus den neu geschaffenen Informationen keine greifbaren Realitäten resultieren, fallen die erbauten Luftschlösser in sich zusammen wie Kartenhäuser. In der Wirtschaft entspricht dies dem Auseinandertriften von Geld- und Gütermenge. Oder anders:
Viel Phantasie, nichts dahinter = Viel GeldSchein, nichts dahinter.

Da in der Olgalogie das GELD dem WORT entspricht, ist der Versuch, die Krise mit Hilfe spekulativen Geldes zu bekämpfen, ein bisschen wie Beten.

Schlussfolgerung:
Ein intaktes Erinnerungsvermögen ist begrüßenswert. Dies entspricht olgalogisch einem intakten Bankensystem im traditionellen Sinne.
Eine blühende Phantasie kann auch von großem Nutzen sein. Allerdings nur in einem ganz bestimmten Rahmen. Deshalb sind auch moderne Bankgeschäfte nur in einem ganz bestimmten Rahmen von Nutzen.

Vermischen sich beide jedoch zu einer untrennbaren Einheit, entsteht auf der wirtschaftlichen Ebene daraus etwas, was man auf der Ebene des Geistes den Glauben nennt: Etwas Spekulatives wird als bare Münze genommen; die Finanzwirtschaft trennt sich von der Realwirtschaft.
Wie weit sich viele Betbrüder und -schwestern von der Realität (= Realwirtschaft) entfernt haben, zeigt beispielhaft ein Fall aus dem Heiligen Orden der Amerikaner: Die Fastpleite des Versicherungskonzerns AIG.
Gewöhnlich tragen Unternehmer Risiken, für die sie geradestehen sollten. Wollen sie nicht dafür geradestehen, suchen sie sich jemanden, der dafür geradesteht. Zum Beispiel die AIG. Manchmal wollen aber auch Berufsgeradesteher (Versicherungen) nicht geradestehen. Dann suchen sie sich einen Berufsgeradesteher Deluxe (Rückversicherer). Dies nur nebenbei. Olgalogisch betrachtet sieht das beispielsweise so aus, dass Person A zu ihrer eigenen Absicherung Person B etwas fragt - also so eine Art Erlaubnis einholt, und Person B erteilt diese Erlaubnis, ist sich aber selbst nicht so sicher, weshalb sie sicherheitshalber noch einmal Person C um Erlaubnis fragt, also sich rückversichert. Eine äußerst menschliche, aber auch äußerst lächerliche Prozedur. Und wenn man sich den CDS-Markt ansieht, ergibt sich folgendes Bild:
A fragt B um Erlaubnis. B holt das Einverständnis von C ein und gibt es an A weiter. Und ein riesiges Heer von Spekulanten steht drum herum und schließt Wetten ab, über jegliche Eventualität dieser Transaktionskette und deren letztendliches Ergebnis.
Mit der Fastpleite von AIG wäre also fast ein Geradesteher umgefallen, der eigentlich für viele andere geradestehen sollte, weil diese nicht selbst geradestehen wollten. Und dieser Geradesteher wird nun gestützt von jemandem, der bereits am Boden liegt. Dem Volk.

Lange Rede, kurzer Sinn:
Was als drohender Bankenkollaps an die Wand gemalt wird, ist in olgalogischer Hinsicht der drohender Kollaps eines bestehenden Glaubenssystems. Das derzeit kollabierende Bankensystem findet also seine Entsprechung in den derzeit kollabierenden Glaubenssystemen.
Diesen Kollaps möchte Schwester Angela verhindern und plädiert für die Festigung des europikanischen Glaubens. Und weil Glaube nicht Wissen ist, sondern sich vorzugsweise in Wissenslücken ansiedelt, bleibt das Wissen auf der Strecke, weshalb das Geld für die Bildung fehlt. Doch die ist eigentlich die Quelle des Wohlstandes. Während uns der Glaube mitunter unfreiwillig glauben lässt. Dran glauben müssen nennt man das.