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Der Scheißlauf des Geldes (Kreislauf)Was haben Schulden mit Schmerzen zu tun? Was hat das Freigeld (umlaufgesicherte Geld) mit Lepra zu tun?

Von Kritikern unseres Geldsystems wird häufig die Auffassung vertreten, mit der Einführung eines anderen Geldsystems könne man all unsere Geldprobleme lösen. Meist wird hier das Umlaufgesicherte Geld als Beispiel angeführt (auch Freigeld, Neutralgeld oder Schwundgeld bezeichnet). Dass diese Auffassung ein Irrtum ist, habe ich bereits in „Neue Geldsysteme – Teil 1“ beschrieben; ob es unter olgalogischen Gesichtspunkten bessere Alternativen gibt, möchte ich hier versuchen zu klären.

In „Neue Geldsysteme, Teil 1“ habe ich zwei Geldsysteme miteinander verglichen. Und zwar das derzeitige Geldsystem, mit Wertzuwachs (= Zins und Zinseszins), und das Geldsystem mit Wertverlust (= Umlaufgesichertes Geld/Freigeld/Schwundgeld). Bei diesem olgalogischen Vergleich kam ich zu folgendem Ergebnis:
Das Umlaufgesicherte Geld ist keineswegs besser, sondern würde auf Dauer zu einer noch stärkeren Ausbeutung unserer Ressourcen führen. Im Geldexperiment von Wörgl 1932 führte es nur deshalb zu einem positiven Ergebnis, weil es ein Gegengewicht zum bestehenden Geldsystem bildete und somit die Schwächen dieses Geldsystems korrigierte. Um es etwas bildlicher auszudrücken:

Das bestehende Geldsystem hatte die „ökonomische Balkenwaage“ aus dem Gleichgewicht gebracht, und das Umlaufgesicherte Geld wirkte diesem Ungleichgewicht entgegen und brachte wieder etwas ins Lot. Würde man aber nur auf das Umlaufgesicherte Geld setzen, würde es auf der gegenüberliegenden Seite der „ökonomische Balkenwaage“ ein Übergewicht bilden und das Gesamtsystem aus dem Gleichgewicht bringen. Allerdings mit wesentlich fataleren Folgen, als dies beim derzeitigen System geschieht. Weshalb?

Weil der Mensch mit Einführung eines neuen Geldsystems nicht seine Gier und sein Machtstreben verliert, möchte er im Freigeld-System statt des Geldes (das ja dann schnell an Wert verlöre) etwas Wertbeständiges. Das heißt, er ist bestrebt, all das virtuelle Geld, das heute auf irgendwelchen Konten geparkt ist und folglich kaum Ressourcen verschlingt (= illusionärer Besitz), in irgendwelche Güter und Dienstleistungen zu verwandeln (= physischer Besitz).

Wenn also die beiden beschriebenen Geldsysteme (mit Wertverlust / mit Wertzuwachs) geeignet sind, sich gegenseitig auszugleichen und damit zu kontrollieren, dann könnte man ja auf die Idee kommen, sie beide parallel laufen zu lassen. Ist dies sinnvoll? Und: Würde dies alle Probleme lösen?

Um diese Fragen zu beantworten, übersetze ich einmal die Grundmerkmale der beiden Systeme vom Monetärischen ins Verbalesische:

Das Koexistenz-System

Ein Geldschein ist ein Schuldschein. Er zeigt an, dass jemand bei mir Schulden hat. Doch im olgalogischen Sinne gilt: Schulden = Schuld.

Dies heißt:

Ein Geldsystem mit Wertzuwachs entspräche einem Kommunikationssystem, bei dem Schuldgefühl und Schuldzuweisung zunehmen, je länger die Schuldbegleichung hinausgeschoben wird.
Ein Geldsystem mit Wertverlust entspräche einem Kommunikationssystem, bei dem Schuldgefühl und Schuldzuweisung schwinden, wenn man nicht schnell genug seine Schuld begleicht oder Schuldbegleichung einfordert.

Dies bedeutet:
Das Geldsystem mit Wertzuwachs entspräche einem Kommunikationssystem, bei dem im Extremfall Worte alles gelten würden und Fakten nichts.
Das Geldsystem mit Wertverlust entspräche einem Kommunikationssystem, bei dem im Extremfall nur noch Fakten gelten würden und Worte nichts.

Das erste System (das heutige) würde im Extremfall in ein Meer aus Lügen und Illusionen münden (was momentan der Fall ist). Das zweite System würde im Extremfall in einem übersteigerten Materialismus und Nützlichkeitsstreben münden.

Während das erste System sich auch mit Illusionen zufrieden gibt, die aber am Ende zum Verhängnis werden, will das zweite System etwas Greifbares, das aber so viele Ressourcen verschlänge, dass unser Planet schon längst kollabiert wäre, hätten wir das System schon früher eingeführt.

Deshalb gilt: Damit das Gesamtsystem der Gesellschaft nicht schadet, sondern nützt, müssen beide Systeme im Einklang sein. Die Frage ist, ob beide Systeme parallel existieren und sich so ergänzen können, damit dies gewährleistet ist.

Betrachtet man beide Systeme genauer, dann stellt man fest, dass sie auf der kommunikativen Ebene bereits in unserer Gesellschaft parallel existiert. Denn jedem dürfte das Gefühl bekannt sein, dass die eigene oder fremde Schuld wächst, je länger das Begleichen der Schuld hinausgezögert wird (= Schuldzuwachs = Geldwertzuwachs). Dies ist ja auch sinnvoll, da die Schuld als Gradmesser dient, inwieweit unser Handeln (uns zwar sowohl im Sinne von Tun als auch von Tauschen) aus dem Gleichgewicht geraten ist. Gäbe es keine Schuld, dann könnte jeder tun und lassen, was ihm beliebt.

Sicher haben Sie aber auch schon die Erfahrung gemacht, dass sich Schuldgefühle und Schuldzuweisungen mit der Zeit auflösen, wenn man nur lange genug wartet (= Zeit heilt alle Wunden). Der Grund, weshalb dies so ist, hat vermutlich damit zu tun, dass mit der Zeit auf indirektem Wege ein Ausgleich erfolgt. Wenn aber beide Systeme bereits parallel auf der kommunikativen Ebene existieren (übrigens auch auf der wirtschaftlichen – Stichwort: Inflation), dann könnte man sich ja fragen, ob alleine diese Koexistenz schon zu einer Ausgewogenheit im Gesamtsystem führt.

Nun - tut sie es?
Natürlich nicht. Täte sie es, dann würde ein kommunikativer Austausch immer friedlich ablaufen, und es dürfte keine Differenzen geben.

Um Ausgewogenheit und Stabilität in diesem Koexistenz-System zu gewährleisten, wären, ebenso wie das heute schon der Fall ist, Regeln und Gesetze notwendig sowie Aufpasser, die ständig darauf achten, dass nichts aus dem Ruder läuft. Es würde sich also im Grunde nichts ändern. Die Aufpasser könnten das System ebenso für ihren eigenen Profit missbrauchen, wie wir das bereits aus dem heutigen System gewohnt sind.

Wie ist das Problem dann zu lösen?

Schmerz, Schuld, Schulden – Die Logik unseres Geldsystems

Wie bereits weiter oben erwähnt, ist die Schuld ein Gradmesser dafür, inwieweit unser Handeln aus dem Gleichgewicht geraten ist. Insofern ist sie also nichts Schlechtes, denn sie erfüllt ja einen sinnvollen Nutzen, vergleichbar dem Schmerz bei einer körperlichen Verletzung. Doch genau wie uns der Schmerz anzeigen sollte, dass wir gerade im Begriff sind, die Grenzen zwischen körperlicher Gesundheit und Krankheit zu überschreiten, so sollte uns die Schuld anzeigen, dass wir gerade dabei sind, die Grenzen zwischen seelischer Gesundheit und Krankheit zu passieren. Übersetzt man dies vom Verbalesischen ins Monetärische, dann wird klar, dass immens hohe Schulden die Krankheit eines Finanzsystems anzeigen. Es hätte also wenig Sinn, sie einfach verschwinden zu lassen, so wie es die Befürworter des Freigeldes fordern. Genauso wenig sinnvoll es ist, den Schmerz verschwinden zu lassen (siehe Lepra), genauso wenig sinnvoll wäre es, die Schulden einfach wegzuzaubern. Klar, wer möchte das nicht? Es ist der Wunsch nach dem Paradies, in dem keine Grenzen gesetzt sind und uns ohne Arbeit gebratene Tauben in den Mund fliegen. Es ist die Generalabsolution ohne Fegefeuer. Und das, obwohl wir unseren Mitgeschöpfen das Leben zur Hölle machen.

Wenn der Schmerz also sinnvoll ist, sind dann hohe Schulden etwas Willkommenes? Um diese Frage zu beantworten, möchte ich Ihren Blick in die 80er Jahre lenken, als der neoliberalistische Raubtierkapitalismus von der Leine gelassen wurde und die Freisinger Band SCHLAGZEILE sang „Schuid’n san in“ (Schulden sind in). In diesem Jahrzehnt wurden auch Extremsportarten populär, bei deren Ausübung es häufig an die Schmerzgrenze ging. Schmerzen ertragen zu können war schon bei unseren Urgroßvätern eine gefragte Eigenschaft, da man mit ihr für den Überlebenskampf in der Natur besser gewappnet war. Schmerzen ertragen zu können bedeutete, auch einmal einen Berg überwinden zu können, also kurzfristig Strapazen auf sich zu nehmen, weil man wusste, dass es irgendwann wieder bergab geht. Wer jedoch im Überlebenskampf der Natur seine körperliche Belastbarkeit (= finanzielle Verschuldung) überstrapazierte, setzte damit auch sein Leben (= Lebensunterhalt) aufs Spiel. Es kommt also wie immer darauf an, das rechte Maß zu finden. Der Wunsch allerdings, weitestgehend schmerzfrei durchs Leben zu gehen (= Geldsystem mit Wertverlust), ist zwar menschlich, aber auch sehr blauäugig. Stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor:

Ein Mensch, der gerne wandert, bricht zu einem längeren Marsch auf. Der Weg, den er gehen will, führt ihn mehrere Stunden lang durch menschenleeres Gebiet. Kurz nach seinem Aufbruch stößt ihm eine Frau, die sich von ihm betrogen fühlt, aus Wut ein Messer in den Rücken. Der Mann merkt natürlich nichts davon, weil er keinen Schmerz spürt. Er marschiert einfach weiter. Und irgendwann fällt er um und steht nicht mehr auf. Verblutet.

Der Trick beim Geldsystem mit Wertverlust ist also der, dass die Schuld einfach jemandem anderen zugeschoben wird, wie der Schwarzer Peter. Statt des Schuldners soll der Gläubiger die Zeche zahlen. Um bei obigen Beispiel zu bleiben: Weil der Wanderer (= Schuldner) keinen Schmerz (= Schuld) spüren wollte, musste sein verletzter Körper (= der mundtot gemachte Gläubiger) verbluten. Da aber der Wanderer gemeinsam mit seinem Körper ein System bildet – so wie unsere Gesellschaft mit der Natur ein System bildet, trifft ihn das Abwälzen der Schuld (= Schmerz) am Ende doch. Denn er verblutet – so, wie unsere Erde ausbluten würde durch das Freigeldsystem (= hoher Ressourcenverbrauch).

Die Ursachen der heutigen Wirtschaftskrise liegen also weniger im System als vielmehr im Menschen selbst. Sie heißen Profitgier, Egoismus, Rücksichtslosigkeit, Skrupellosigkeit, Machtstreben, usw. Aber auch faule Toleranz, Ignoranz, Bequemlichkeit, Verantwortungslosigkeit, Dummheit, falsche Bescheidenheit, usw. Genau diese menschlichen Eigenschaften machen das Geld zu dem, was es heute ist. Der nächste Abschnitt soll dies noch etwas verdeutlichen.

Geld, Schuld, Macht – Der Missbrauch unseres Geldsystems

Da Geldscheine nichts anderes sind als Schuldscheine, die ausdrücken sollen, was mir ein anderer noch schuldig ist, sind sie gleichzeitig auch Ansprüche, die ich an andere stellen kann (= Forderungen). Doch weil das Geld aufgrund seiner Eigenschaften in unserer Gesellschaft als wertvolles, erstrebenswertes Besitztum betrachtet wird, wird es in den Augen der Menschen zu HABEN, obwohl es doch SOLL ist. Dies veranlasst die Menschen, möglichst viel Geld zu horten und Zinsen zu kassieren. Ins Verbalesische übersetzt hieße das: Die Menschen sind bestrebt, die Schuldansprüche, die sie an andere haben, möglichst spät einzufordern, damit das Schuldgefühl beim Schuldigen (= Schuldner) wächst (= Zins) und sie am Ende mehr zurück bekommen, als der Schuldige (= Schuldner) ihnen ursprünglich schuldig war. Ein Beispiel aus dem Alltag soll dies veranschaulichen:

Die kleine Lisa hat ein Kunstwerk ihrer Schwester Paula aus Versehen zerrissen. Deshalb wird nun Lisa zur Schuldnerin und Paula zur Gläubigerin. Paula stellt Schuldansprüche an Lisa und möchte Genugtuung. Die Forderungen, die Paula an Lisa stellt, entsprechen folglich unseren Schuldscheinen - also unserem Geld. Das Einfachste wäre nun, wenn sich Lisa bei Paula entschuldigen würde (= Begleichung der Schuld). Doch Paula hat gemerkt, dass ihre Macht und ihr daraus gewonnener Nutzen umso größer werden, je schuldiger sich Lisa fühlt (Wachstum einer nicht beglichenen Schuld = Zins und Zinseszins). Deshalb versucht sie mit allen Tricks zu verhindern, dass Lisa ihre Schuld sofort begleicht. Mehr noch – sie versucht, sie in weitere Schuldfallen hinein zu manövrieren, denn je mehr sich Lisa schuldig fühlt, desto höher ist Paulas Macht und Nutzen (= Profit).
Schuldansprüche an andere (= Geld) bedeuten also Macht. Und die eigenen Schuldgefühle (= eigene Schulden) bedeuten Ohnmacht.

Dieses Beispiel zeigt: Nicht Schulden, Zins und Zinseszins sind schädlich, sondern nur der Missbrauch, der damit betrieben wird. Folglich benötigen wir kein neues Geldsystem, sondern lediglich effiziente Regeln, die einerseits den Missbrauch unseres derzeitigen Systems verhindern und andererseits das System nicht blockieren. Diese Regeln sollten u.a. dafür sorgen, dass die Schulden (= Geld) in einem angemessenen Verhältnis stehen zu den Einlösemöglichkeiten (= Gütern).

Was allerdings noch viel wichtiger ist als die Einführung von Regeln, ist die feste Entschlossenheit, die Werte der Aufklärung dauerhaft und konsequent auch in die Marktwirtschaft einzuführen und diese Werte in den Massenmedien entsprechend zu kommunizieren. Dies hieße nichts anderes, als „ethische Wertmaßstäbe“ zur allgemeingültigen Währung zu erheben. Statt mit Dollar, Euro, Yen etc. sollten wir mit „ethischen Wertmaßstäben“ handeln und nach „ethischen Wertmaßstäben“ handeln.

Anzunehmen, neue Geldsysteme oder Regeln allein könnten uns vor Wirtschaftskrisen schützen, ist pure Illusion und Verantwortungslosigkeit. Ein noch so gutes Geldsystem kann nur funktionieren, wenn wir es dauerhaft eigenverantwortlich nach bestem Wissen und Gewissen selbst aktiv mitgestalten, statt dies einer Macht besessenen Elite zu überlassen.